Dankbarkeit & Leidenschaft 

Heute ist ein Tag, an den ich mich gerne zurückerinnern möchte und hoffentlich auch werde. Fußball war immer schon eine große Leidenschaft von mir. Ich habe im Kindesalter angefangen zu spielen. Mit einem Trainingspensum von drei- bis fünfmal pro Woche habe ich diesem Sport einen Großteil meiner Freizeit gewidmet. Und ich habe es geliebt. Den Schweiß, die Tränen, verlieren, gewinnen, einfach alles.

Als ich mit 18 anfing dual zu studieren, hatte ich keine Zeit mehr und hörte auf. Danach hatte ich sozusagen eine On-Off-Beziehung mit dem Fußball. Ich spielte nochmal drei gute Jahre bevor Corona und meine Essstörung dazu führten, dass ich wieder aufhörte. Ich konnte das Spielen nicht mehr genießen. Entweder ich machte mir so viel Druck, dass ich beim ersten Fehler mental so angeschlagen war, dass ich in eine negative Teufelsspirale geriet. Oder ich quälte mich mit Fitnessprobleme rum, da die Essstörungen ja mit einem stark schwankenden Gewicht und Sportpensum einherging. 

Während der Therapie hatte ich dann öfter überlegt, wieder zu spielen. Aber ich wollte zuerst wieder dieses und jenes Fitnessniveau erreichen. 

Zweieinhalb Jahre Therapie später, habe ich vor knapp einem Jahr endlich wieder angefangen zu spielen. Leider saß ich häufig auf der Bank, weil ich entweder krank, geschäftlich verreist oder zu fehleranfällig war. Ich hatte mich eigentlich schon dazu entschlossen, im Sommer wieder aufzuhören. Entweder den Verein zu wechseln und eine Liga tiefer zu spielen oder komplett aufhören.

Und dann kamen die letzten drei Wochen. Ich hatte gut trainiert und wir waren nur 12 Spieler. Startelf also. Endlich wieder auf meiner Lieblingsposition – vorher hatte ich immer, wenn ich überhaupt spielte, woanders spielen müssen, weil die Innenverteidigung belegt war.  

Das erste Spiel war gut, nicht überragend, aber solide. Ich spielte die vollen 90 Minuten. Danach war mein Körper lädiert. Ich setzte zwei Trainings aus und ging nur laufen, um die Muskeln, die diese Belastung nicht mehr gewöhnt waren, zu schonen. 

Dann kam das zweite Spiel. Dieses Mal waren wir 16 Spieler. Aber ich spielte. Erneut. 90 Minuten. Wir gewannen 4:0. Schon während ich auf dem Platz stand, musste ich lächeln. Lächeln vor Glück. Es machte so unfassbar viel Spaß auf dem Platz zu stehen. Es war ein sehr gutes Spiel von mir. Ich erhielt vor allen sogar ein Sonderlob. Den ganzen Sonntag über war ich glücklich. Und dankbar.

Genauso geht es mir heute. Auch wenn wir mit 3:2 denkbar unglücklich verloren haben, bin glücklich. Und das, obwohl ich nicht so gut in das Spiel gestartet bin und einige Fehler im Aufbau machte. 

Früher hätte mich das aus der Bahn geworfen. Meine alte Trainerin hat mal gesagt, dass man mich eigentlich direkt auswechseln kann nach zwei Fehlern, weil ich mental dann hinüber bin. Und genau das passierte jetzt nicht. 

Während des Spiels sagte ich zu mir selber, dass ich auch diese Spiele genießen kann. Und am Ende spielte ich erneut stark auf. Vielleicht nicht ganz so ‚perfekt‘ wie in der Woche zuvor, aber ich kämpfte und gab alles. Ich zog mich aus meinem Teufelskreis selbst heraus. 

Dass wir am Ende das 3:2 in der 95. Minute bekommen, tut zwar weh, aber es überwiegt die Dankbarkeit. Dankbarkeit dafür, dass ich mich zweieinhalb Stunden mit Freunde bewegt habe. Dankbarkeit dafür, dass ich mental stärker geworden bin. Und nicht zuletzt Dankbarkeit dafür, dass ich in diesem Moment genau diese Dankbarkeit spüren kann. 

Denn genau das bedeutet für mich Erfüllung. 

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